2017-05-25 bis 28 Tessin-Piemont-Roadtrip

Während der Anfahrt wurde von denen, die nicht mit der Lenkung des Fahrzeuges beschäftigt waren, eifrig im ultimativen Wildwasserführer für das Piemont von Gert Spilker und Klemens Binninger geschmökert. Doch bereits nach wenigen Minuten wurde sich an den Fahrer gewandt: "Das willst du mit uns fahren?" Denn die vorgeschlagenene Bäche hatten laut den Autoren oft die Schwierigkeitsgrade WWV; VI und sogar VII. Doch zuerst standen Bäche im Tessin an. Und wenn man im Tessin paddelt, dann sollte man auch den namensgebenden Fluss: Den Tessin (Ticino) paddeln! Für den obere Tessin war alles bestens. Sonne, blauer Himmel und genügend Wasser im Fluss. (das Wetter war die ganze Zeit über schön) Die Strecke war zwar kurz, aber dafür hatte sie durchgehendes, genussvolles Wildwasser im Schwierigkeitsgrad WWIII-IV. Anschließend wechselten wir zum zweiten "Passbach": der Moesa. Nachdem wir uns eingepaddelt hatten, störte es nicht, das die Moesa gleich zur Sache kam (WWIV-IV+) doch leider nur für wenige Kilometer und schnell nahmen die Schwierigkeiten ab. Eine paar schöne III-er Blockkatarakte gab es noch, doch dann nahmen die Schwierigkeiten weiterhin ab. Vor Roveredo war bei früheren Befahrungen oft der Ausstieg gewesen, doch wir paddelten bei weiterhin abnehmender Schwierigkeit weiter bis in den Ticino und auf ihm weiter bis zum Ende von Belinzona.

Doch welchen Fluss sollten wir am nächsten Tag befahren? Nach mündlicher Aussage stand die Wahrscheinlichkeit für ausreichend Wasser auf dem San Bernadino und San Giovanni nicht schlecht. Weshalb wir auf dem "Kappelenplätzchen" übernachteten. Doch am nächsten Morgen mussten wir, wie andere Paddler auch feststellen, das der Wasserstand doch zu wenig war. Was nun? Letztendlich wollten wir zur Sesia, also welches paddelbare Gewässer liegt auf dem Weg? Z.B. die Anza, die von Gletschern gespeist wird und bei warmen Wetter gut Wasser geführt hat. Aber leider erfuhren wir, das der Ausbau eines Wasserkraftwerkes die Standardstrecke weitgehend trocken gelegt hat. Was nun? Andere Paddler waren vortags auf der Strona gewesen und wollten weitere Abschnitte von ihr paddeln. Also auf zur Strona! Doch auch die Strona führte kaum Wasser und wir entschieden dann uns, direkt zur Sesia zu fahren. Die Sesia ist auf einer Strecke von ca. 150 Kilometer paddelbar. Wobei die für uns interessanten Abschnitte im ersten Drittel lagen. Der Auftakt unserer Sesiasabschnitte bildete die Strecke unterhalb des Wasserfalls von Piode bis zur Balmucciaklamm (WWIII-IV / IV+). Die Sesia führte gut Wasser und die meisten Stellen konnte man noch vom Kajak aus einsehen. Doch nur die Meisten und nicht alle! Doch der Vertreter unserer Jugendabteilung hatte den Glauben an Kehrwasser abgelegt und fuhr den ersten schwereren Katarakt unbesichtigt und direkt an und wurde für seinen Zweifel an Kehrwassern mit einer Pflichtrolle bestraft. Doch mit neu gewonnenem Glauben wurde die restliche Genussstrecke frei von Zwischenfällen bewältigt - wenn man von einer sehr tiefen Stütze der Vertreterin der Frauenriege absieht.

Am nächsten Tag stand Frühsport auf dem Programm den alle WHWler freudig absolvierten. Beim Alpinrun der Sesia (WWIV-IV+) ging es gut zur Sache und rollen oder schwimmen wäre bestimmt schmerzhaft geworden. Dank unseres Vorausfahrers der ebenfalls vom deutlich gestiegenen Wasserstand überrascht war, konnte wir die Strecke in einer guten Sprintzeit bewältigen und wurden durch das frische Sesiawasser richtig wach.
Dann folgte mit einer größeren Gruppe die untere Sermenza. Der erste Abschnitt war relativ leicht (WWIII-IV) und floss durch eine tiefe grüne Schlucht. Ein Abfall (WWIV+/V-) erforderte unsere Aufmerksamkeit. Lediglich der Vertreter der Seniorenabteilung, der alles immer mit einem Tick mehr Styl befahren wollte, versemmelte den Boofschlag und durfte im Rücklauf zeigen, dass sich das winterliche Hallenbadtraining bewährt hatte. Der zweite Abschnitt der unteren Sermenza war deutlich sportlicher und führte uns durch die Balmucciaklamm (WWIV-V), die mit ihren Stufen, hohem Gefälle, Wucht des Wassers und dem optischen Reiz ein grandioser Abschluss der Befahrung war. Doch einige wenige können nie genüg bekommen und sie paddelten noch die wenige hundert Meter bis zur Mündung und auf der Sesia noch eine kurze Strecke weiter und kamen dafür in den Genuss des Balmucciarapids - einem schönen WW III-IV/IV Wuchtkatarakt der Kategorie "Grandcanyon lässt grüßen" - was allen Befahren die Augen zum Leuchten brachte.

Genauso kamen auch die Augen zum Leuchten, als wir im Anschluss zur Sorba fuhren und uns die Sorbarutschen - eine dreier Wasserfallkombination hinabstürzten (spektakuläre WWIV). Während beim ersten Run nur der Vertreter der Jugend mit einem stylischen Boof über den Kicker der ersten Rutsche sprang, so machte es ihm bei ihrem zweiten Lauf der Vertreter der Senorenabteilung nach. Die erste Rutsche mag zwar die höhste sein und die dritte die Wuchtigste, aber wenn man die zweite Stufe unsauber fährt, kann es schnell sein, das man sich überschlägt oder im Rücklauf rollen muss. Auf jeden Fall, war es ein genialen Paddeltag mit mehr als einem Highlight gewesen.

In Anbetracht der Heimreise und möglicher Staus wollten wir an unserem letzten Paddeltag nicht zu spät abreisen und paddelten vom Campingplatz hinab nach Piode. Es war herrliches wuchtiges Wildwasser, Wellen, Walzen, einige Löcher aber alles war fair und mit WW III-IV nur mässig schwer. Lediglich den Katarakt hinter der Sorbamündung ist deutlich schwerer (WWVI?) und wir haben ihn umtragen.

Resumee

Tessin und Piemont sind eine Paddelreise wert, besonders das Tal der Sesia mit seinen Nebenflüssen. Und wir können noch einige Abschnitte auf Sesia, Vogna, Gronda, Sorba, Sermenza, Egua und Mastalone befahren, die wir noch nicht befahren haben. Doch auch gegen eine Wiederholung des Bekannten hätte ich nichts einzuwenden.

Aber ob man nach dem wildwassertechnisch interessanten Abschnitt der Moesa bis zur Mündung weiterfährt und auf dem Ticino ebenfalls noch einige Kilometer zurücklegt, bleibt jedem selbst überlassen. Ich würde aber das nächste Mal lieber etwas früher aussteigen und den interessanten Abschnitt zwei, drei oder noch öfters befahren.

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